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Reifensteiner Rezepte Rezept- und Ratgebersammlung der Wirtschaftlichen Frauenschule Reifenstein

. Mecke, Duderstadt, (2005)

Abstract

Durch preußische Kabinettsordre wurde das Zisterzienserkloster Reifenstein im März des Jahres 1803 aufgelöst, in eine Domäne verwandelt und ebenso wie das Vorwerk und Noviziat Beinrode verpachtet.1847 richtete man auf Anregung des königlich-preußischen Oberamtmanns Christian Knippig, der als zweiter Pächter jahrzehntelang die Reifensteiner Landwirtschaft führte, im Ostflügel des Klosters eine Ackerbauschule ein, in der junge Eichsfelder Bauernsöhne auf den landwirtschaftlichen Beruf vorbereitet wurden. Nach 20 Jahren wurde die Schule 1867 wieder geschlossen.Nachdem die Sozialreformerin Ida von Kortzfleisch (1850-1915) im Jahre 1897 den „Verein für Wirtschaftliche Frauenschulen auf dem Lande” gegründet hatte, wurden im Juli 1899 der ungenutzte Ostflügel des einstigen Klosters Reifenstein sowie die Gartenanlagen vom Domänenpächter gemietet und Umbauten vorgenommen.Am 24. Juni 1900, dem Johannistag, öffnete die Frauenschule Reifenstein mit einem Festakt ihre Pforten, und es begann die Ausbildung junger Damen im ländlich-hauswirtschaftlichen Bereich.Die Auszubildenden, von denen viele adliger Herkunft waren und durch eine spezielle Ausbildung auf die Übernahme elterlicher Gutshöfe vorbereitet werden sollten, redete man mit „Maid” an und verbarg in den Buchstaben die Ausbildungs-Philosophie: Mut, Ausdauer, Idealismus, Demut.Zu den Unterrichtsfächern zählten Haus-, Hof- und Gartenarbeit, Kochen, Schneidern, Haushaltungs- und Buchführung, Kranken-, Kinder- und Familienpflege, Naturkunde, Ernährungslehre u. a.Wegen großen Zuspruchs übernahm der inzwischen deutschlandweit wirkende Reifensteiner Verband der Wirtschaftlichen Frauenschulen auf dem Lande 1917 das Vorwerk Beinrode vom preußischen Staat und begann 1921 auch dort mit praktischer und theoretischer Ausbildung von Hausbeamtinnen resp. Haushaltspflegerinnen, wozu auch Garten- und Feldbau sowie Geflügelzucht gehörten.Bis zur Schließung der Wirtschaftlichen Frauenschulen in Reifenstein und Beinrode im Jahr 1949 gingen den abzulegenden Prüfungen intensives Lernen und emsige praktische Arbeit voraus, wozu eigene Druckerzeugnisse zur Verfügung gestellt wurden. Zu ihnen gehören die hier als Reprint neu veröffentlichten Broschüren mit Reifensteiner Rezepten, die seit den 1920er Jahren in jeweils mehr als zehn Einzelauflagen herausgegeben wurden.Josef Keppler

Description

Mut, Ausdauer, Idealismus und Demut galten bei den Lernenden der wirtschaftlichen Frauenschulen in hundertjähriger Geschichte als wichtigste Tugenden, die zu erstreben waren mittels gründlicher Ausbildung in einem umfangreichen Fachkanon, der auf besonders zwingende Weise Theoretisches mit Praktischem verband.Diese Eigenschaften waren Programm und Ausbildungsphilosophie zugleich und ergaben in ihren Anfangsbuchstaben die früheren Zeiten entlehnte freundliche Bezeichnung „MAID" für die jungen Frauen, die sich grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten für die Tätigkeiten in ihren landwirtschaftlichen Familienbetrieben aneignen wollten.Die Sozialreformerin Ida von Kortzfleisch (1850-1915), der schmerzlich bewusst geworden war, dass es für die Landfrauen kaum solide Ausbildungsmöglichkeiten gab, entwickelte ein praxisorientiertes pädagogisches Programm mit hohen ethischen Werten auf christlich-konservativer Grundlage und gründete 1897 die erste Ausbildungsstätte, deren Trägerverein nach Übersiedlung in die Konventsgebäude des ehemaligen Zisterzienserklosters Reifenstein im Eichsfeld später den Namen „Reifensteiner Verband wirtschaftlicher Frauenschulen auf dem Lande” erhielt und sich mit Schulgründungen über ganz Deutschland ausbreitete.Die theoretische und praktische Ausbildung in Obst- und Gartenbau, Geflügelzucht, Kochen, Backen, Einmachen, Schneidern, Haushaltungs- und Buchführung, Kranken-, Säuglings- und Familienpflege sowie Naturkunde, Ernährungslehre u. a. wurde begleitet durch die Herausgabe eigener Lehrbücher, die teilweise in mehreren hohen Auflagen erschienen.Die Broschüren enthielten den Lehr- und Lernstoff, der bei den Prüfungen relevant war, aber auch später in der täglichen Arbeit Anregung für eigenes Tun gab und als Grundlage zum Nachschlagen diente.Ihr Inhalt war nicht nur für mehrere Generationen von Maiden von Bedeutung, sondern auch für Tausende weiterer Frauen unterschiedlicher Altersgruppen, die gern Rezepte und Hinweise, Grundlegendes und Weiterführendes für ihr häusliches Wirken zur Kenntnis nahmen und nutzten.Auch wenn die Maidentugenden nicht mehr offizielle Erziehungsziele für heute Auszubildende sind, haben einzelne Bildungsinhalte nicht an Bedeutung und Praktikabilität verloren.Zur Bewahrung von Werten der Vergangenheit und als Anregung zu deren schöpferischer Nutzung stellen daher Herausgeber und Verlag mit dem vorliegenden Buch einen Sammelband der wichtigsten, allgemein interessierenden Schriften zum Thema Kochen, Backen und Einmachen, Wäschepflege und Gemüsebau bereit.Trotz bereits computergesteuerter Hausarbeit und zahlloser aus dem weltweiten Internet abrufbarer Rezepte dürfte dieses Buch willkommen sein für alle, die auf traditionelle Weise mit Hilfe solider, bewährter Rezepte kochen, backen und genießen möchten, die Vorräte für den Winter traditionell einwecken oder Hinweise für die Gartenarbeit haben möchten.Die beigefügten „Wäscheregeln” werden mit Blick auf den Waschvollautomaten gewiss ein Schmunzeln auslösen.Die in diesem Reprint-Sammelband zusammengefassten Rezepte und Regeln erschienen zwischen etwa 1920 und 1960 im Verlag Schmidt und Thelow in Gotha und in Lizenzausgaben beim Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Die Titelseite des Reprints enthält jeweils die zum Neudruck verwendete Bezeichnung der Auflage; das Jahr der Veröffentlichung fehlt leider generell.Josef Keppler

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