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Die drei Arenen der neuen Ungleichheitskonflikte. Eine sozialstrukturelle Positionsbestimmung der Einstellungen zu Umverteilung, Migration und sexueller Diversität

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Berliner Journal für Soziologie, (Dec 1, 2020)
DOI: 10.1007/s11609-020-00420-8

Abstract

In vielen westlichen Gesellschaften wird die Verteilungsfrage wieder stärker diskutiert. Mit den Debatten um Identitätspolitik und Migration sind aber weitere Konflikte in den Vordergrund getreten, sodass nicht mehr nur materielle Ungleichheitsfragen im Fokus stehen. In den wissenschaftlichen und publizistischen Debatten ist häufig von einer neuen Lagerbildung die Rede, bei der sich die bessergestellten Gruppen für Migration und die Anerkennung von Diversität aussprächen, während die schlechtergestellten Schichten dem ablehnend gegenüberstünden. Damit läge diese Konfliktkonstellation anders als der klassische Verteilungskonflikt, bei dem die oberen Statuslagen eine größere Ungleichheitstoleranz aufweisen als die unteren, eher ungleichheitskritischen Lagen. Im vorliegenden Aufsatz wird ein konzeptioneller Rahmen entwickelt, der über diese Zwei-Lager-Theorie hinausgeht und systematisch zwischen drei Dimensionen der Ungleichheitskonflikte und -einstellungen unterscheidet: (1) die klassischen Oben-Unten-Ungleichheiten, die sich auf die ökonomische Ressourcenverteilung beziehen, (2) die Wir-Sie-Ungleichheiten, die die gesellschaftliche Anerkennung von Diversität umfassen, und (3) die Innen-Außen-Ungleichheiten, die um den Grad an Offenheit gegenüber Zuwanderergruppen kreisen. Auf der Basis der SOEP-Innovations-Stichprobe aus dem Jahr 2017 lässt sich zeigen, dass es sich bei diesen Einstellungen um relativ eigenständige Dimensionen handelt. Beim Thema der ökonomischen Ressourcenverteilung sind dabei die unteren Statuslagen ungleichheitskritischer positioniert als die oberen Lagen; bei den beiden neueren Konfliktthemen ist das Bild jedoch genau umgekehrt. Allerdings sind nur beim Migrationsthema die Einstellungen wirklich polarisiert, ansonsten gibt es wenige Hinweise auf eine klare Lagerbildung, wie sie in der Literatur und der öffentlichen Diskussion oft unterstellt wird.

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