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Das Gegenteil gilt auch

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Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, (3. May 2009)

Abstract

Das Gros sozialwissenschaftlicher Forschung ist "Variablensoziologie", und die geht so: Es wird aus den Eigenschaften von Personen eine isoliert, beispielsweise die Häufigkeit ihres Kirchganges, ihr Einkommen oder das Wahlverhalten. Danach werden Hypothesen aufgestellt, von welchen anderen Eigenschaften dieses Merkmal abhängig sein könnte: Hängt der Kirchgang vom Bildungsgrad oder von der Gemeindegröße ab? Das Einkommen vom Geschlecht, vom Schulabschluss oder der Konfession? Das Wahlverhalten vom Beruf, vom Wohnquartier, vom Einkommen? Und dann gibt es statistische Techniken, mittels derer es gelingen soll, die tausend Wechselseitigkeiten - im Fachjargon "Korrelationen - aufzulösen, die sich hier abzeichnen: Die Bildung hängt vom Einkommen der eltern ab, dieses von der Bildung, die wiederum von der Konfession, aber auch vom Wohnort, der wiederum berufsabhängig ist. Und so weiter. Älles korreliert mit allem, schwach", hat der Soziologe Erwin Scheuch einmal dazu gesagt. Und weil alles irgendwie mit allem zusammenhängt, gilt oft das eine wie sein Gegenteil. Eine neue Studie über Einflüsse auf die Sportaktivität im Lebenslauf hat so herausgefunden: Die Erwerbstätigkeit reduziert die Einstiegsrate in den Sport - wer berufstätig ist, hat weniger Zeit als Studenten -, aber auch die Ausstiegsrate.... ... Der ganze Umweg über die Statistik landet beim Einzelfall oder bei Typen. Eigentlich könnte man darum die Statistik auch sein lassen.

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