Abstract
Verlagsinfo: Die Arbeit bringt mit der Individualisierungsthese einerseits
und der Diskussion um die Bedeutung gesellschaftlicher Anerkennungsverhältnisse
andererseits zwei Debatten miteinander ins Gespräch, die bisher unabhängig
voneinander geführt werden. Mit Blick auf die Frage, ob Individualisierungsprozesse
in steigende Chancen autonomer Lebenspraxis und eigensinniger Selbstbehauptung
einmünden oder nicht, vertritt Gabriele Wagner im Anschluss an Honneth
die These, dass sich die Autonomiefrage nicht allein an dem »institutional«
bzw. »cultural lag« entscheidet. Damit sich die strukturelle Öffnung
sozialer Räume in autonome Lebenspraxis übersetzen kann, müssen die
solchermaßen ermöglichten eigensinnigen biografischen Projekte durch
entsprechend erweiterte Anerkennungsverhältnisse gestützt werden.
Die Bedeutung von Anerkennungsverhältnissen liegt darin begründet,
dass sie die Sicht der Subjekte auf und ihren Umgang mit Strukturen
maßgeblich formen. Gesellschaftliche Anerkennungsverhältnisse filtern
die je subjektive »Optik« auf biografische Optionsräume, sie filtern
die Wahrnehmung sozialer Ungleichheit sowie die Deutungen gesellschaftlicher
Verhältnisse und Anforderungen. Dabei sind Anerkennungsverhältnisse
zweiseitig zu bestimmen: Sie sind Ausdruck und Folge, Motor und Bremse
sozialen Wandels, sie legitimieren und delegitimieren Herrschaft
und Ungleichheit, sie ermächtigen Subjekte zu stolzer Selbstbehauptung
oder sie beschädigen, degradieren und beschämen diese.
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