Article,

Veränderungen von Religion und Moral im modernen Europa

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Berliner Journal für Soziologie, (2002)

Abstract

Autorenabstract:Religion ist keine vorübergehende Phase in der Evolution der Menschheit. Sie ist ein universales Merkmal der Conditio humana; sie verarbeitet Transzendenz. In der alltäglichen Erfahrung begegnen wir zwei Ebenen der Transzendenz: den fortlaufenden kleinen Transzendenzen, die durch die Grenzen von Raum und Zeit auferlegt werden, und den mittleren Transzendenzen, die sich aus der Andersheit unserer Mitmenschen ergeben. In Träumen, Ekstasen, Meditationen, extremen Schmerzen und im Angesicht des Todes stoßen wir hingegen an die Grenzen des Alltagslebens selbst und machen Erfahrungen der großen Transzendenzen. Die Ausbreitung der Säkularisierung markiert das Auftreten einer historisch besonderen Form der Religion – ihrer privatisierten sozialen Form. Religion wurde zum Glauben, Moral zum Gewissen, beides sozial definierte subjektive Wirklichkeiten. Die „Inhalte“ der privatisierten Sozialform der Religion werden über das Fernsehen, eine breite „devotionale“ Literatur sowie populärwissenschaftliche Bücher verbreitet. Sie zeichnen sich durch eine Verlagerung der Transzendenzen aus, die sie bewältigen – von den großen zu den mittleren und vor allem den kleinen. Die rationalistische Sichtweise jedoch, die Religion als ein vorübergehendes historisches Phänomen ansah, ist offensichtlich falsch.

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