Abstract
Die Bilanz des gesetzlichen Mindestlohns fällt 3 Jahre nach seiner
Einführung positiv aus. Erstmals seit Längerem fielen die Lohnsteigerungen
im Niedriglohnsektor wieder deutlich aus. Auch die Erwerbsarmut ging bis
2016 um etwa 2,7 Prozentpunkte auf 17% zurück, legt man die Quote der
Geringverdiener mit Anspruch auf Aufstockung durch Arbeitslosengeld 2
zugrunde. Trotz dieser unbestreitbaren Verbesserungen gibt es jedoch ein
Problem mit zahlreichen Umgehungen des Mindestlohns. Etwa 8% der
Beschäftigten oder 2,2 Millionen Beschäftigte erhielten im Jahr 2016 nicht den
Mindestlohn, obwohl er ihnen zugestanden hätte. Die Erwerbsarmut könnte
demnach nochmals erheblich abgesenkt werden, würde der Mindestlohn
nicht bei jedem zehnten Beschäftigten umgangen. Dies ist zum einen ein
Problem von Personalmangel der Kontrollbehörden, das dringend
angegangen werden sollte. Zum anderen zeigt sich, dass die weiter
geringe Tarifabdeckung und fehlende Mitarbeitervertretungen die
Mindestlohn-Umgehungen begünstigen. In Betrieben mit Tarifbindung oder
einem Betriebsrat gibt es deutlich geringere Probleme mit Mindestlohn-
Umgehungen. Eine Stärkung des Tarifsystems in Verbindung mit effektiven
Kontrollinstitutionen könnte einen effektiven Beitrag zur Bekämpfung der
Erwerbsarmut leisten.
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