Abstract
Der Beitrag untersucht die Versuche der deutschen Gewerkschaften, ihre gegenwärtige Krise zuüberwinden, am Beispiel des gewerkschaftlichen Umgangs mit atypischer Beschäftigung in drei Feldern: Solo-Selbstän-digkeit in der Erwachsenenbildung, Leiharbeit und befristete Beschäftigung in externen Callcentern. Es wird gezeigt,wie die Möglichkeiten der Gewerkschaften, sich strategisch zu erneuern, von der spezifischen Form ihrer gegenwärtigenKrise – der „dreifachen“ Krise aus Legitimitätserosion, Mitgliederrückgang und Finanzproblemen – eingeschränkt wer-den. In allen drei Feldern führt die Art ihrer Reaktion die Gewerkschaften in ein strategisches Dilemma zwischen denlangfristigen Zielen und den kurzfristigen Durchsetzungsstrategien: Die Gewerkschaften reagieren auf Veränderungenin ihrer „Einflusslogik“, indem sie die Interessenvertretungsstrategien anpassen, ohne jedoch die komplementären Ver-änderungen in ihrer „Mitgliedschaftslogik“ nachzuvollziehen. Atypisch Beschäftigte werden als Machtressource für dieveränderten Interessenvertretungsstrategien entdeckt, nicht jedoch als vollwertige Mitglieder mit eigenständigen Interes-sen. Das strategische Dilemma führt zu Repräsentationsproblemen, die mittelfristig die Glaubwürdigkeit des umfassen-den Repräsentationsanspruchs der Gewerkschaften aushöhlen.
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