Endlich dürfen die Bundestagsabgeordneten die geheimen TTIP-Papiere einsehen - in einem streng abgeschirmten Leseraum. Doch das hilft jetzt auch nicht mehr.
Herxheim, im Januar 2016 - Wir haben das Jahr 2020. Peter S. geht wie jeden ersten Montag im Monat in den Drogeriemarkt. Seine Diabetes-Tabeletten sind alle, er benötigt dringend neue. Im Regal findet er diesmal seine gewohnte Marke nicht. Er wendet sich an einen Mitarbeiter, der ihm lapidar sagt, er solle doch auf die Inhaltsstoffe sehen, wenn die ähnlich sind wie bei seinen alten Tabletten, wird er die andere, ausländische Marke schon auch nehmen können.
Utopie oder Zukunftsszenario?
Bei den Verhandlungen zum europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen liegen Streitthemen auf den Tisch. Die Wirtschaft warnt vor faulen Kompromissen
Die EU-Verhandler haben den USA angeboten, die Einfuhrzölle von 8000 Produkten zu senken, meist sogar auf null Prozent. CORRECTIV liegt nun exklusiv die komplette Liste vor, welche Zölle konkret fallen sollen. Für Verbraucher könnte das zu Preissenkungen führen. Manche Branchen fürchten dagegen die billige US-Konkurrenz. Einige Firmen sollen weiter von Schutzzöllen profitieren.
Vizekanzler Sigmar Gabriel will schon vor dem Ende der Sanktionen gegen Russland die Wirtschaftsbeziehungen verbessern. Außerdem plädiert er für ein Freihandelsabkommen zwischen Brüssel und Moskau.
Bayerns Europaministerin Beate Merk (CSU) hat nach politischen Gesprächen in Washington für einen Abschluss des europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommens TTIP noch in diesem Jahr geworben.
In der Mai-Ausgabe des Wirtschaftsdienst beleuchten Carsten Dreher und Carsten Schwäbe von der FU Berlin diesen Aspekt [der mögliche technische Fortschritt oder die Innovationsfähigkeit einer Ökonomie durch TTIP] aus der Perspektive der evolutorischen Innovationsökonomik.
Das Chlorhühnchen steht für die frühe Kritik der Europäer an TTIP. Doch ist diese Skepsis gegenüber den USA wirklich berechtigt? Einige US-Regeln gelten als fortschrittlich. Und für den Fall, dass von einem Produkt eine Gefahr für den Einzelnen ausgeht, wird es schwer mit der Genehmigung.
Von der Piazza della Repubblica bis zur Porta San Giovanni haben zehntausende Demonstranten aus allen Teilen Italiens an der nationalen Veranstaltung gegen TTIP teilgenommen, die am Samstag, 7. Mai 2016 in Rom stattfand.
Eine umfassende Studie der EU schlüsselt erstmals auf, welche Länder und Wirtschaftszweige durch TTIP gewinnen und welche verlieren: Für die Stahl- und Elektroindustrie sieht es nicht gut aus. Deutsche Autobauer und amerikanische Fleischproduzenten dürfen sich dagegen freuen. Für die Verbraucher steigen demnach die Preise.
Das Versprechen niedrigerer Verbraucherpreise durch TTIP ist nicht mehr zu halten, wie die heute veröffentlichte Nachhaltigkeitsprüfung der EU-Kommission zeigt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert die EU-Kommission auf, in den Verhandlungen umzusteuern. Nur ein Abkommen mit klaren verbraucherpolitischen Goldstandards könne sich für Verbraucher auch langfristig lohnen.
Auch die heimische [gemeint ist die österreichische, Anm.attac] Bundesregierung hat sich wiederholt kritisch zur internationalen Schiedsgerichtbarkeit geäußert, weil es nationales aber auch EU-Recht quasi aushebeln kann. In dem Non-Paper wird aber eine gegenteilige Position eingenommen.
Protest wirkt! Davon sind die Macher von Deutschlands größter Protestorganisation überzeugt. Ein Streitgespräch mit Campact über TTIP, Debattentiefe und Populismus