Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der größten Gegner zuzutreffen scheinen. (von Frank Schirrmacher)
Die Institutionen versagen, die Politik verabschiedet sich. Unser System verdampft, weil der Markt allein das Geschehen reguliert. Und alle schauen zu.
Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise stehen die Ratingagenturen im Schlaglicht der medialen und politischen Aufmerksamkeit. Genauer gesagt: Die Aufmerksamkeit gilt drei Ratingagenturen, den „Big Three“ Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch.
In der aktuellen Diskussion über die sog. Euro-Krise ist auffällig, dass mittlerweile selbst Vorstandsvorsitzende von DAX-Unternehmen der Finanzbranche sagen, Banken müssten auch mal pleite gehen können. Nur in der Politik sagt das (fast) niemand. Wozu führt es eigentlich, wenn die europäischen Staaten immer wieder mit enormem Einsatz von Steuergeldern Banken retten, wie jetzt aktuell im Falle Spaniens?
Wo steht Europa nach drei Jahren Krisenpolitik? Warum streitet Bundeskanzlerin Merkel über die Europäische Zentralbank? Und was hat Marktwirtschaft mit Demokratie zu tun? Eine erklärende Auslegeordnung.
Unter der Überschrift „Wachstum wird uns nicht retten“ darf sich Thomas Mirow, Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, in einem Interview mit dem Ökonomen und Journalisten Mark Schieritz auf einer Zeitungsseite über höhere Steuern und die Frage, wie Europa zu helfen ist, ausbreiten. Seine Antworten sind gleich in zweifacher Hinsicht deprimierend: Zum einen zeigt Mirow keine einzige Lösung auf. Zum anderen offenbaren seine einschläfernden Aussagen so viel kalte Ignoranz und Unkenntnis über unsere Gesellschaft, dass es einen graust. Es ist nicht störend, unterschiedlicher Meinung zu sein, im Gegenteil, das zwingt zum Nachdenken; es sind die Sattheit, die geistige Lähmung und das Fehlen jedweder Energie und jedweden Willens, etwas politisch zu gestalten, die so betroffen machen.
Ungleichheit ist wirtschaftlich kein Problem, Umverteilungsmassnahmen sind sogar schädlich – so eine verbreitete Überzeugung unter Ökonomen. Beim Internationalen Währungsfonds sieht man das anders.
Welche Möglichkeiten hat die Politik noch, des Finanzsystems Herr zu werden? Die Lösung der Schuldenkrise ist eine Verteilungsfrage: Wer bezahlt, was längst ausgegeben wurde? (Von Jens Beckert und Wolfgang Streeck)
Auch Eurobonds werden nicht helfen: Die Finanzkrise, von neoliberaler Politik verschuldet, greift vor allem den Mittelstand an - und damit die Demokratie. Aber noch ist es nicht zu spät. (Von Sahra Wagenknecht)
Mit den Beschlüssen des EU-Gipfels vom 8. und 9. Dezember hat Europa seine Bemühungen um die „Rettung“ seiner Kreditwürdigkeit fundamental erweitert – was die britische Regierung prompt zum Ausstieg veranlasste.
Das Dossier veranschaulicht die wichtigsten Diskussionsstränge der Europäischen Schuldenkrise. Der ungelöste Disput zwischen Ausgaben- und Sparpolitik steht dabei im Zentrum und wird anhand von zwölf Fragen und Infografiken zum Thema paradigmatisch erläutert. Über deren Interpretation streiten sich jeweils zwei ausgewiesene Experten. Weiteres Grundlagenwissen verschaffen eine Zeitleiste und ein Glossar.
Das frisch gedruckte Geld der Notenbanken kommt in der Realwirtschaft nicht an. Anstatt es in den Finanzsektor zu pumpen, sollte die EZB es den Bürgern in der EU direkt überweisen: 10.000 Euro je Kopf.
Die Sparpläne von FPÖ, BZÖ und ÖVP laufen erneut auf eine Privilegierung des ökonomischen Systems und auf eine Schwächung des politischen Systems der Demokratie hinaus - Von Anton Brandner
Seit den 1970er-Jahren wandelte sich die Wirtschaft vom Real- zum Finanzkapitalismus. Das war keine zufällige Entwicklung. Der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister erkennt ein Muster, nach dem Deregulierung regelmäßig Probleme schuf, die wiederum mit weiterer Deregulierung bekämpft wurden.
Die Kanzlerin ist keine „Getriebene“ der Finanzmärkte – sie folgt ihrem Kalkül: per Eskalation der Krise ganz Europa eine Politik der Entsolidarisierung aufzuzwingen (von Gabriela Simon)