"Eigentlich geht es den Zeitungen in Deutschland prächtig. Erst kürzlich war ja zu lesen, dass der Axel-Springer-Verlag 2010 über 500 Millionen Euro Gewinn gemacht hat. Aber klar, die Zeitungen sind immer noch traumatisiert von der Zeitungskrise 2003, die damals zu den ersten grösseren Entlassungen führte. Was gerne vergessen wird: Die grossen Profiteure des New-Economy-Booms waren ja die alten Medien, die sich mit Anzeigen von Internet-Startups dumm und dämlich verdient haben.
"Alles in allem kann man sehr froh sein, dass das Internet den Radius erweitert hat." "Schade ist, wie wenige etablierte Journalisten Blogs führen. Die meisten Zeitungsredakteure lassen sich das Internet offensichtlich noch ausdrucken." "Schwieriger ist natürlich, überhaupt Geld zu verdienen. Am ehesten gelingt das wohl, in dem man sich thematisch spezialisiert und bei den Formen diversifiziert."
"Die Öffentlichkeit hat sich verändert durch das Internet. Sie hat ihre Kristallisationspunkte verloren, was ja eigentlich begrüssenswert ist."
"Was rätst Du Journalisten, die sich selbständig machen möchten?
Ich kann nur jedem, der anfängt, raten, sich mit dem Internet auseinander zu setzen. Er sollte sich ein Blog zulegen und sei es, dass er es nur nutzt, um auf seine anderswo erscheinenden Artikel hinzuweisen und eine Kontaktmöglichkeit anzubieten."
Direktor des Max-Planck Instituts für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht in München und Beiratsmitglied von iRights.info auf dem Netzpolitischen Kongress der Bundestagsfraktion der Grünen. Diverse andere Audio-Mitschnitte und Zusammenfassungen von Reden und Workshops unter http://www.gruenes-blog.de/netzpolitik/
Wer aus einem Presseerzeugnis etwas zitieren will, oder einen Hyperlink setzen will, soll künftig dafür zahlen. Das meinen nicht nur Verleger sondern auch Politiker wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die in einem Dradio-Interview ein verlorenes Bewusstsein für geistiges Eigentum beklagt und für die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Verleger plädiert. Video-Blogger SemperCensio prangert eine Kurzsichtigkeit der Politik an und macht darauf aufmerksam, welche Nachbeben eine mögliche Änderung des Urheberrechts mit sich bringen könnte. Das Zitatrecht für Presseerzeugnisse würde "quasi gelöscht". SemperCensio zufolge wäre es nahezu unmöglich zwischen Presseerzeugnissen und Nicht-Presseerzeugnissen zu unterscheiden. Leutheusser-Schnarrenberger zufolge soll der private Endnutzer von einer Leistungsschutzgebühr nicht betroffen sein. Unternehmen geben ihre Kosten stets über den Verkaufspreis weiter, den dann letztendlich der Endnutzer zu entrichten habe, entgegnet SemperCensio. Auf alle Newsaggregatoren, ob groß oder klein, ebenso wie auf Blogger werde "künftig scharf geschossen". Diese könnten SemperCensior zufolge jedoch ohne weiteres zurückschießen: Computernachrichten kämen schließlich in neun von zehn Fällen aus dem Rest der Welt bevor sie lediglich ins Deutsche übersetzt würden. Newsaggregatoren und Blogger seien folglich nicht auf deutsche News angewiesen, sondern könnten in ihren Links und Snippets auf ausländische Orginalseiten verweisen. Im Zweifelsfall käme Google sogar eine eigene Newsredaktion billiger als mögliche Zitationsgebühren, so SemperCensio, der resümmiert:"Die Großen haben das Geld und können ausweichen oder sich darüber hinwegsetzen. Die Cleveren weichen ebenfalls aus." Leidtragende würden die übrigen sein: "Es wird jede Menge kleiner,pseudo-privater Blogger geben, die glauben, sie sind privat aber trotzdem Werbung eingebunden haben...Bis jetzt konnte man im Grunde nur von Wettbewerbern abgemahnt werden. Wenn jetzt eine GEMA-ähnliche Gesellschaft dieses Recht bekommt, dann mahnt die garantiert jeden kleinen Saftladen ab." SemperCensios Urteil: "Sinnvoll ist das nicht." Aufgabe der Medien sei es bisher, Nachrichten zu transportieren. Abgaben im Sinne des geplanten Leistungsschutzrecht würden hingegen bewirken, dass Informationen "versanden", da die meisten vermeiden würden, fremde und somit gebührenpflichtige Informationen zu verlinken.
Diskussion auf der re:publica 2010 zum Leistungsschutzrecht mit dem Titel "Let's screw up the entire internet to save newspapers". Mit Beiträgen von Matthias Spielkamp, Meike Richter, Robin Meyer-Lucht und Till Kreutzer. 1.) Matthias Spielkamp beschäftigt sich mit "Fragen, die dem Leistungsschutzrecht vorausgehen":
“Viele Netzaktivisten und Juristen halten die Urheberrechte in ihrer heutigen Form deshalb für überholt. Die Vorstellung, dass jemand für sein Werk ein “geistiges Eigentum” beanspruchen könne, behindere den kulturellen Fortschritt heute eher als ihn zu fördern. Stimmt das? Und welche Folgen hätte es für Kunst, Presse und Wissenschaft, wenn alle Werke ohne Einschränkung vervielfältigt und weiter verarbeitet werden dürfte? Wäre es ein Freibrief für die Guttenbergs dieser Welt? Und wovon sollen Kreative dann noch leben? Ist die Zeit der superreichen Popstars zu Ende?”
Sie Deutsche Bank kritisiert das Vorhaben eines Leistungsschutzrechts für Verlage. Das Schutzrecht habe weitreichende negative Folgen sowohl für die Wirtschaft, als auch für Gesellschaft und Kultur. Es schränke die Informations- und Kommunikationskanäle ein, behindere den wachstums- und innovationsstimulierenden Wissenstransfer und manövriere die Urheber in eine ungünstige Position. Die Bank fühlt sich selbst vom Leistungsschutzrecht bedroht: „Betroffen von diesem zusätzlichen Schutzrecht sind aber nicht nur angestellte Journalisten, freischaffende Autoren oder Blogger. Die Mehrkosten müssen auch von Konzernen wie Versicherungen, Beratungsunternehmen, Kanzleien und natürlich auch Banken getragen werden. Quasi jeder, der tagesaktuelle oder sonstige Hintergrundinformationen für seine Geschäftszwecke benötigt oder interpretiert.
Das Urheberrecht sei ein personenbezogenes Recht…, während ein Leistungsschutzrecht oft einen unternehmensbezogenen, wettbewerbs- und vor allem investitionsschutzrechtlichen Charakter aufweise. Bei einem Leistungsschutzrecht im Onlineverlag werde folglich nicht die schöpferische Leistung der Journalisten, Blogger oder Freiberufler geschützt, sondern die Investitionen desjenigen, der in diesem Fall die digitalen Inhalte für die Allgemeinheit auf seinem Onlineportal zur Verfügung stelle – dem Rechteverwerter bzw. dem Presseverlag selbst.
Wie können freie Journalisten als Unternehmer der eigenen Arbeitskraft unverwechselbar werden? Der Tübinger Medienprofessor Bernhard Pörksen empfiehlt sieben strategische Ansätze, darunter: Entgrenzen Sie Ihre Profession, kreieren Sie eigene Milieus - und: Erklären Sie sich zum Propheten.
Zitiert wird Till Kreutzer, Anwalt und Gründungsmitglied des deutschen Urheberrechtsportals iRights.info. Außerdem: die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann vom Wissenschaftszentrum Berlin
"Es hilft nur, das Internet zu umarmen und all das Gute, das es ermöglicht, heraus zu holen, und das ist unendlich viel.""Wir sind nicht die Gegner der guten etablierten Medien, im Gegenteil. Wir schreien auf, weil wir die Sorge haben, dass viele von ihnen ihre Zukunft verspielen, wenn sie glauben, die Leser müssten zu ihnen kommen und nicht sie zu den Lesern.""wir es nicht mehr ausgehalten haben, was die Verleger der Medien...Woche für Woche für gefährlichen, himmelschreienden Unsinn über das Internet in die Welt posaunt haben....es erreicht haben, dass der „Beauftragte für Kultur und Medien” der Bundesregierung, ein trauriger Mensch namens Bernd Neumann, eine „Nationale Intiative Printmedien” gegründet hat und keine „Nationale Initiative Qualitätsjournalismus”."Natürlich kann man lamentieren, dass das Geldverdienen (und womöglich sogar das Qualitätsjornalismusfinanzieren) in der analogen Zeit leichter war. Aber was bringt dieses Lamento, wenn diese Zeit einfach vorbei ist?""Die Frage, wie Qualitätsjournalismus im Internet finanziert werden kann, ist noch nicht umfassend beantwortet. Aber daraus zu schließen, dass Qualitätsjournalismus im Internet nicht finanziert werden kann, ist falsch."
Aufforderung an freie Journalisten, das beste aus den Vergütungsregeln rauszuholen. Man halte zwar nach wie vor an der Kritik fest (insbesondere gegen die in den Vergütungsregeln festgeschriebene unentgeltliche Internetnutzung von Texten durch Verlage), wolle aber konstruktiv mit Journalistenverbänden zusammenzuarbeiten.
Von Google Geld zu fordern, nur weil die Firma es eben habe, sei keine Lösung für das tatsächliche Problem, gute Information zu finanzieren. Ebenso heuchlerisch sei es von der Verlagen, sich über eine Enteignung durch Google zu beschweren und zugleich den freien Journalisten alle Rechte an ihren Artikeln abzunehmen.Stattdessen sollten, so Niggemeier, Verlage mit fairen Vergütungen auf eine Qualität ihrer Inhalte setzen
"Kontrolle wäre nur möglich, wenn zugangsbeschränkte und zentralisierte “journalistische” Plattformen durch irgendeine Instanz (zum Beispiel die Politik) eingeführt werden würden...Man müsste also eine Art “zweites Internet” erfinden, für das man Lizenzen erwerben könnte. Dann bräuchte man noch einen juristisch-polizeilichen Überwachungsapparat, der aufpasst, dass das “unterprivilegierte Internet” die Inhalte vom “upperclass Internet” nicht stiehlt...Perfide und klug! Die Verlage möchten alldiejenigen, die sich für Zeitungen und Journalismus interessieren, mit doofen Themen beschäftigen, bis man selber ein tolles lukratives Zukunftsmodell für das gefunden hat, was bisher Zeitung war. Man möchte politische Innovationsförderung für alternative journalistische Projekte unterbinden, um selber nicht an Reichweite zu verlieren."
verlagsunabhängiges Stuttgarter Medium, das Teil des "Vereins für ganzheitlichen Journalismus" ist. Kritik an den gegenwärtigen Medien: "Abhängigkeiten werden nicht genannt, Verflechtungen und ausschließlich renditegetriebene Geschäftsmodelle verschwiegen." Vision: "altmodisch in die Zukunft" – mit entschleunigtem und transparentem Journalismus.
"Eine Pflichtabgabe für Verlagsprodukte unterdrückt eine offene gesellschaftliche Debatte darüber, welche Rolle Journalismus in Zukunft spielen soll, welchen Wert die Gesellschaft diesem beimisst und welchen Preis sie dafür zu zahlen bereit ist. Wir bitten Sie deshalb, darauf einzuwirken, dass in der anstehenden Novellierung des Urheberrechts die Interessen von Urhebern, Verwertern und Allgemeinheit stärker als bisher zum Ausgleich gebracht werden, und eine gesellschaftliche Diskussion über die Rolle und den Wert von Journalismus und Journalisten im Zeitalter des Internet anzuregen."
"Axel Springer setzt online vermehrt auf Bezahlinhalte: Nach den kostenpflichtigen Apps für das iPhone will Axel Springer auch ein Paid-Content-Modell für seine mobilen Internetportale starten."
"Dabei ist es keineswegs so, dass der Verlag online kein Geld verdient: Bei den Werbeerlösen bauten die digitalen Medien im vergangenen Jahr mit einem Zuwachs um 24,1 Prozent ihren Anteil an den gesamten Werbeerlösen des Konzerns sogar auf auf 29,6 Prozent aus und konnten damit den Rückgang im Printbereich teilweise ausgleichen.
T. SCHIMMECK. (2009)Freier Journalist seit ueber dreissig Jahren. Mitbegruender der taz, dann u.a. taetig fuer den Spiegel; Freischreiber. und Netzwerks Recherche-Mitglied sowie Mitherausgeber des Online Magazins MagDA..
M. und Claudia RIESMEYER. Konstanz, (2009)Kommunikationswissenschaftler Meyen Meyen hat 2009 zwei Journalistenstudien vorgelegt, beide wurden ziemlich verrissen. Im Gegensatz zu Meyen, der bis dato andere Forschungsschwerpunkte gesetzt hatte, sind seine Kritiker Johannes Rabe und Siegfried Weischenberg Experten auf dem Gebiet der Journalismusforschung..