Stefan Schulz im Soziologenblog: "eine Zeitung nicht deswegen zu ihrem Phänotyp gekommen ist, weil es aus Distributionsgründen sinnvoll war, viel Text zu unterschiedlichen Themen auf wenig Papier zu pressen und gebündelt auszuliefern...Sondern, dass das primäre Strukturmerkmal einer Zeitung darin bestand..., dass sich die Gesellschaft in ihrer räumlichen Entgrenzung ab dem 14. Jahrhundert, über alle regionalen und sozialen Unterschiede hinweg, auf eine Realitätsversion einigte. Diese gemeinsam geteilte Realitätsgrundlage wurde durch Zeitungen erzeugt...Man liest Zeitung um sich darüber zu informieren, worüber andere sich informieren, wenn sie in der Zeitung lesen, was in der Welt passiert. Und diese Funktion wird durch das Internet nicht ersetzt...Zeitungen hatten damals sechsstellige Auflagen und heute Millionen Webbesucher. Ja, die technischen Grundlagen haben sich sehr gewandelt, aber das Prinzip ist das gleiche.(Nicht mal die Finanzierungsfrage hat bis jetzt daran gerüttelt.)...Zeitungen sind an solch einem Übermachts-Habitus bereits gestorben, bevor man die Schuld dem Internet in die Schuhe schieben konnte. Und Zeitungen blühen trotz so eines Übermachts-Habitus auf, gerade weil sie das Internet strategisch und klug nutzen (siehe Spiegel Online). Auch ohne Internet kennen Massenmedien Konkurrenz, die ihnen Kontrollwille und allzu wildes Agendamanagment verbietet. Und nachhaltiger Schaden lässt sich durch „Bildblog für alle“ auch nicht wirklich feststellen. Den Skeptizismus gegenüber den einzelnen Angeboten der Massenmedien gab es schon immer (hervorgerufen durch die Massenmedien selbst) – nur jetzt kann man ab und zu mal ordentlich über die Redaktionen lachen und immer wieder neu feststellen, dass dort auch nur Menschen arbeiten...Gerade jetzt, da die Nutzung der Distributionswege so billig wird, spielt Quantität beinah keine Rolle mehr. Wer sein Renommee für ein paar Klicks hergibt (siehe Stern), ist selbst schuld. Nach 20 Jahren Internet stellt sich zudem die interessante Frage: Warum sollten Zeitungen und besonders Zeitschriften überhaupt eine Webseite mit kostenlosen Inhalten haben? Das, was in gut aufgestellten Zeitungen/Zeitschriften steht, findet man im offenen Internet nicht. Aber gerade der billige Distributionsweg lässt sich ausbeuten, mit E-Paper und App-Angeboten, die überzeugen."